HomeBlog

22.10.24 | 5 min

LiLi Centre – wo Zugewanderte eine Gemeinschaft finden

Für manche ein zweites Zuhause, für andere ein komplett unbekannter Ort: Das LiLi Centre im Luzerner Tribschenquartier. Als Anlaufstelle für die internationalen Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons bietet das Zentrum Unterstützung beim Einleben in Luzern – mittels Infoveranstaltungen zum Leben und Arbeiten hin zu Veranstaltungen für die ganze Familie.

Mit den Schlagworten Connect, Grow, Thrive – vernetzen, wachsen, gedeihen – begrüsst einen die Website des LiLi Centre. Das Gemeinschaftszentrum in der Stadt Luzern hat sich zum Ziel gesetzt, Zugewanderten den Start in der Zentralschweiz zu erleichtern. Das zeigt sich bereits beim Betreten des LiLi Centre: Der Empfang ist herzlich, der Umgang offen, jede und jeder soll sich willkommen fühlen. Aus der Küche lockt der Duft von frisch zubereiteten Speisen, im Spielbereich stapeln Kinder Bauklötze aufeinander. Im Nebenzimmer hören konzentrierte Kursteilnehmende aufmerksam ihrer Leiterin zu, während im Arbeitsbereich Menschen vor ihren Laptops sitzen.

Wer nur wenig Bezug zur ausländischen Gemeinschaft in Luzern hat, wird das LiLi Centre kaum kennen. Und umso mehr über dessen vielfältiges Angebot staunen: Ein Blick in den Eventkalender verspricht von Spieleabenden über Vorträgen zu Lifestyle-Themen hin zu Sprachkursen und Theatergruppen für jeden Geschmack etwas. Zudem helfen diverse Programme den Zugewanderten, in der Schweiz anzukommen. Mit Hilfe seines grossen Netzwerks vernetzt das LiLi Centre beispielsweise Unternehmen mit den passenden internationalen Talenten. Zudem wandelt sich das LiLi Centre jeden Mittwochmorgen in ein Informationscafé: Hier können Interessierte nicht nur bei Kaffee und Gipfeli Gleichgesinnte treffen, sondern auch Fragen rund ums Leben in der Schweiz klären. Dies liegt den Verantwortlichen des Gemeinschaftszentrums am Herzen: Die Anlaufstelle für kleine und grosse Herausforderungen des täglichen Lebens zu sein.

Die Wirtschaftsförderung Luzern pflegt einen guten Austausch mit dem LiLi Centre. Sie macht Unternehmen aufs Zentrum aufmerksam und stellt bei Bedarf Kontakte her. Nadine Rotzer, Projektleiterin Promotion & Ansiedlung, hat sich mit zwei treibenden Kräften des LiLi Centres zu einem Interview getroffen – Präsidentin Charlie Hartmann und Lina Petraviciute, Projektkoordinatorin.
 

Charlie Hartmann, wofür steht das LiLi Center? Wie können Sie die Menschen unterstützen?

Das LiLi Centre ist ein Projekt des Vereins LivingIn. Dieser setzt sich für die erfolgreiche Integration von Zugewanderten in der Schweiz ein. Als Gemeinschaftszentrum für die internationale und international orientierte Einwohnerschaft von Luzern und Umgebung verfolgt das LiLi Centre eben dieses Ziel. Es bietet eine Gemeinschaft vor Ort und Unterstützung beim Kontakteknüpfen. Bei uns können Menschen sämtliche Erfahrungen teilen, ohne verurteilt zu werden. Zudem helfen wir ihnen mit praktischen Tipps und zahlreichen Veranstaltungen und Programmen, die der Integration dienen. Um sicherzustellen, dass die Menschen auf ihrem Weg optimal unterstützt werden, arbeiten wir eng mit der Stadt Luzern und lokalen Institutionen zusammen.
 

Lina Petraviciute, können Sie mehr zu den Programmen sagen, die das LiLi Centre anbietet?

Als wir das LiLi Centre vor acht Jahren gegründet haben, handelte es sich um ein Pilotprojekt. Wir starteten mit Deutschkursen, Veranstaltungen für Familien und internationalen Abenden, die auf regen Anklang gestossen sind. Im Laufe der Zeit konnten wir zahlreiche grössere Projekte auf die Beine stellen. Einige darunter zusammen mit Partnern, wie mit der Stadt Luzern. Beispielsweise das Programm «LiLi PRO» für internationale Unternehmen: Dieses unterstützt die Mitarbeitenden und ihre Familien bei Fragen des alltäglichen Lebens. Unsere Programme entwickeln wir anhand von realen Fragen und Herausforderungen, mit denen wir täglich zu tun haben. 
 

Wo sehen Sie die grössten Herausforderungen für Neuzugewanderte in Luzern?

CH: Ausschlaggebend ist die Einstellung: Wenn man erwartet, dass die Dinge in der Schweiz gleich sind wie im Herkunftsland, wird es schwierig. Auch, wenn man davon ausgeht, dass man sich schnell und problemlos zurecht finden wird. Jede Kultur hat ihre Eigenheiten – es braucht Zeit und Geduld, um diese zu verstehen. Zudem ist in der Deutschschweiz eine sprachliche Hürde vorhanden: Die Zugewanderten werden ermutigt, Hochdeutsch zu lernen, sind aber nahezu überall von der schweizerdeutschen Sprache umgeben. Auch das Grundtempo des täglichen Lebens ist für viele Neuland. Gewisse Dinge gehen in der Schweiz langsamer oder schneller vonstatten als im Heimatland. Daran muss man sich gewöhnen. Wir ermutigen alle neu Zugewanderten, geduldig mit sich zu sein – Integration geht nicht von heute auf morgen. Es ist eine kontinuierliche Reise.
 

Welche Rolle spielt das LiLi Centre bei der Förderung der kulturellen Vielfalt in Luzern?

LP: Wir gehen auf die verschiedenen Kulturen ein und lernen uns gegenseitig kennen. Beispielsweise veranstalten wir monatlich internationale Abende, die unter dem Motto eines bestimmten Landes stattfinden. Dabei stellen wir dessen kulturellen Aktivitäten vor, machen gemeinsam Musik und kochen traditionelle Gerichte. Als kulturelles Zentrum schlagen wir eine Brücke zwischen den Einheimischen und der internationalen Gemeinschaft. Wir tauschen Informationen aus und sorgen dafür, dass der Dialog transparent und verständlich ist.
 

 

Wie können lokale Unternehmen von der Zusammenarbeit mit dem LiLi Centre profitieren?

LP: Viele Zugewanderte haben trotz Top-Ausbildung Schwierigkeiten, eine Arbeitsstelle zu finden. Sie verirren sich im Labyrinth des Schweizer Arbeitssystems. Deshalb haben wir gemeinsam mit Partnern das Programm «Job for Foreigners» (JIFF) ins Leben gerufen. Darin machen wir Personen mit dem Schweizer Arbeitsmarkt vertraut und vernetzen sie mit passenden Unternehmen. Oftmals benötigen auch die Familie der zugewanderten Arbeitskräfte nach ihrem Umzug in die Schweiz Unterstützung. Um ihnen zu helfen, haben wir das Projekt «LiLi Pro» ins Leben gerufen. Die Firmen erkennen den Bedarf: Das Programm wird rege genutzt.

Weiter ist das LiLi Centre eine Anlaufstelle für Kleinstbetriebe und Talente, die ihr eigenes Unternehmen aufbauen möchten. Viele sind im Kunst- oder Kreativbereich tätig. Sie arbeiten hart, um sich und ihre Firma weiterzuentwickeln. Damit sich diese Personen ein Netzwerk aufbauen können, haben wir gezielte Schulungen entwickelt. Viele von ihnen haben ihr Unternehmen erfolgreich gegründet und in optimale Bahnen gelenkt – von Yogastudios über Tanzschulen hin zu Restaurants.
 

Wie trägt das LiLi Centre zur wirtschaftlichen Entwicklung Luzerns bei?

LP: Wir sind stolz darauf, Teil des «Luzerner Wirtschaftsökosystems» zu sein – von der Unterstützung kleiner Unternehmen beim Start ihrer Geschäftstätigkeit hin zur umfassenden Beratung in Punkto Steuern, Bankensystem, Versicherungen usw. Die Zugewanderten sind oftmals überfordert mit dem System. Viele von ihnen wissen nicht, an welchen Stellen sie zu gewissen Themen Hilfe erhalten. Unser Team unterstützt diese Personen nicht nur mit regelmässigen Informationsveranstaltungen, sondern erklärt ihnen auch das Sozial- und Rechtssystem und vermittelt sie an die richtigen Institutionen. Davon profitieren letztlich auch die Luzerner Unternehmen.
 

Welche Erfolge hat das LiLi Centre zu verzeichnen?

CH: Wir freuen uns, wenn sich unsere Kundschaft schnell in die lokale Gemeinschaft einfindet. Dazu gehört, sich ein Netzwerk aufzubauen, die Sprache zu lernen und Hindernisse zu überwinden. Ganz entsprechend dem Slogan des LiLi Centre: Wir sind ein Ort zum «vernetzen, wachsen und gedeihen.»

LP: Zum Beispiel das Restaurant Plant: Der Besitzer ist ausgebildeter Architekt. Als leidenschaftlicher Koch ist er nach seinem Umzug in die Schweiz seiner wahren Berufung gefolgt. Er war auf der Suche nach Räumlichkeiten für seine Kochkünste und wurde im LiLi Centre fündig. Hier konnten wir beobachten, wie er neue Rezepte entwickelte, während seine Fangemeinde stetig wuchs: Immer mehr Menschen standen zur Mittagszeit beim LiLi Centre Schlange, um seine Köstlichkeiten zu probieren. Schliesslich konnte er sich Anfang 2024 seinen Traum erfüllen und ein eigenes Restaurant in der Neustadt Luzern eröffnen. Wir haben ihn und seine Familie bei jedem Schritt seiner fünfjährigen Reise begleitet. Eine weitere Erfolgsgeschichte verzeichnen wir zusammen mit einem Luzerner Unternehmen: Auf der Suche nach den passenden Mitarbeitenden fragte es nach unseren Empfehlungen. Schliesslich konnte die Firma zehn Personen aus unserem Netzwerk einstellen.
 

Was unterscheidet Sie von anderen Organisationen im Kanton Luzern, die sich an Zugewanderte richten?

CH: Wir beseitigen die Sprachbarriere, da Englisch die Hauptsprache im LiLi Centre ist. Ausserdem bieten wir als Anlaufstelle Unterstützung bei einer riesigen Bandbreite von Themen – Sprache, Bildung, Arbeit, Familie oder psychische Gesundheit. Dank unserer langjährigen praktischen Erfahrung gibt es nahezu keine Herausforderung, die wir nicht schon erlebt und gelöst haben.
 

Wie wird das LiLi Centre von der lokalen Gemeinschaft unterstützt?

CH: Wir sind stets dran interessiert, unser Netzwerk zu erweitern und Partnerschaften mit anderen Organisationen aufzubauen. Wir sind dankbar, dass wir unter anderem Projekte mit FABIA – dem Kompetenzzentrum für Migration –, der Hochschule Luzern und der Universität Luzern durchführen dürfen. Es ist uns wichtig, ein Teil der lokalen Gemeinschaft zu sein.

LP: Wir sind sehr dankbar für die kontinuierliche Unterstützung durch die Stadt Luzern. Zudem freut uns, dass immer mehr internationale Unternehmen den Nutzen unserer Programme erkennen und eine Partnerschaft mit uns eingehen. Zahlreiche Firmen und ihre Mitarbeitenden nehmen an unseren Programmen teil, andere spenden im Rahmen ihrer Corporate Social Responsibility für unser Zentrum. Wir freuen uns, dass wir jeden einzelnen Franken in unsere Programme und unsere Gemeinschaft investieren können. 
 

Zu den Personen:

 

Charlie Hartmann ist Präsidentin des Vereins LivingIn Luzern und des LiLi Centre. Sie ist in England geboren, aufgewachsen in Korsika und lebt seit 2000 in der Schweiz. Charlie Hartmann unterstützt mit Leidenschaft Menschen in ihrem Integrationsprozess und setzt sich dafür ein, dass sie in der Zentralschweiz Anschluss finden.
 

Lina Petraviciute ist Vizepräsidentin bei LivingIn. Geboren in Litauen, zog sie 2016 in die Schweiz. Lina Petraviciute ist Mitglied des Integrationskomitees der Stadt Luzern, Leiterin der globalen Markenentwicklung und Kommunikation und engagiert sich für die Entwicklung des JIFF und andere Projekte.

www.lilicentre.ch
www.livingin.swiss

Nadine Rotzer
Projektleiterin Promotion & Ansiedlung

Telefon +41 41 367 44 02