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27.06.24 | 5 Min

«Gen Z»: junge Talente gewinnen, integrieren und halten

Die Generation Z tritt mit neuen Erwartungen in die Arbeitswelt ein. Yannick Blättler, Mitgründer der Neoviso AG ist Experte auf diesem Gebiet. Seine Agentur unterstützt Unternehmen, junge Talente zu gewinnen und zu halten. Im Interview gibt er wertvolle Einblicke und praxisnahe Tipps für Unternehmerinnen und Unternehmer im Kanton Luzern.

Die Generation Z (Gen Z) steht im Mittelpunkt vieler Diskussionen. Geboren zwischen 1997 und 2012, tritt die Gen Z mit neuen Erwartungen und Bedürfnissen in die Arbeitswelt ein. Experte dafür ist Yannick Blättler. Er ist Mitgründer und Geschäftsführer der Neoviso AG: eine Agentur, die sich auf die Bedürfnisse der Generation Z spezialisiert hat. Mit seinem Know-how unterstützt er Unternehmen, junge Talente zu gewinnen, zu integrieren und langfristig an sich zu binden. Wir hatten die Gelegenheit, ihn zu interviewen und haben wertvolle Einblicke ins Thema und praxisnahe Tipps erhalten. 

Yannick, kannst du uns einen Einblick geben, was die Generation Z ausmacht? Wie funktionieren die Jungen als Arbeitnehmende, und worauf legen sie bei der Stellensuche Wert?

Yannick Blättler: Die Generation Z ist digital aufgewachsen und legt grossen Wert auf Technologie. Zudem würde ich sie als kritisch-reflektiert bezeichnen: Ihre Vertretenden hinterfragen Aufgaben hinsichtlich deren Sinnhaftigkeit. Es handelt sich um eine Generation mit einer klaren Vorstellung davon, was ihr wichtig ist. Da die Gen Z in einer Welt voller Wohlstand aufgewachsen ist, spielt der Faktor Zufriedenheit eine entscheidende Rolle. Zudem ist die Geschwindigkeit relevant: Alles muss sehr schnell gehen. Die Jungen wollen Dinge schnell verstehen und erfassen können. Das liegt am Informations- und Interaktionsverhalten, das von Social Media geprägt ist. Für die Führungspersonen bedeutet das: Nahe dran sein und zeitnahes, regelmässiges Feedback geben.
Bei der Stellensuche nimmt sich die Gen Z allerdings Zeit. Die Jungen wissen um den Fachkräftemangel und kennen ihren Stellenwert im Arbeitsmarkt. Sie schauen sich verschiedene Optionen an und wiegen gut ab. Dabei stehen sie selbstbewusst zu ihren Forderungen: Eine zentrale Rolle spielen die Unternehmenskultur sowie die Vision und die Werte des Unternehmens. Die jungen Menschen möchten nicht nur wissen, welche längerfristigen Ziele ein Unternehmen hat, sondern auch ihre persönliche Rolle auf dem Weg zu deren Erreichung kennen. Ausschlaggebend sind entsprechende Weiterentwicklungsmöglichkeiten und die Chance, flexibel arbeiten zu können. Ein wichtiger Faktor sind zudem inspirierende Vorbilder, die in der Phase der Identitätsbildung zentral sind.  

Warum liegt der Fokus derzeit so stark auf der Generation Z? Ist es notwendig, sich so intensiv mit ihren Bedürfnissen auseinanderzusetzen?

Absolut. Die Gen Z wird in den kommenden Jahren einen erheblichen Teil des Arbeitsmarktes ausmachen. Unternehmen müssen sich auf ihre Bedürfnisse einstellen, um die besten Talente anzuziehen und wettbewerbsfähig zu bleiben. Ausschlaggebend ist die Unternehmenskultur: Mit einer attraktiven und positiven Kultur können Firmen nicht nur die Bindung der Mitarbeitenden verbessern, sondern auch ihr Image als Arbeitgeber stärken. Daher ist es unerlässlich, intern an der Unternehmenskultur zu arbeiten und diese entsprechend nach aussen zu kommunizieren. Es ist entscheidend, eine Verbindung zur jungen Zielgruppe aufzubauen und sie über die geeigneten Kanäle anzusprechen. Junge Menschen bewegen sich täglich viele Stunden online, besonders auf Social Media. Folglich müssen Unternehmen mit relevantem Content auf genau diesen Kanälen sichtbar sein.

Welche Werte und Prinzipien sind der Gen Z bei der Auswahl eines Arbeitsplatzes besonders wichtig? Worauf können KMU achten? 

Die Generation Z möchte für Unternehmen arbeiten, die Sinnstiftendes vorhaben und auch erfolgreich darin sind. Zudem legen die Jungen grossen Wert auf ein kollegiales Verhältnis im Team. Viele von ihnen wollen bereits vor dem Stellenantritt wissen, mit wem sie es zu tun haben werden. Gewährt via Social Media einen Blick hinter die Kulissen: Falls es Lernende in einem Unternehmen gibt, sollte dies bei der Ausschreibung von Lehrstellen, aber auch in der Kommunikation allgemein nach aussen getragen werden. Beim Stellenantritt hat die Gen Z grundsätzlich einen kurzen Zeithorizont vor Augen: ein bis drei Jahre. Erkennt sie entsprechende Entwicklungsmöglichkeiten, bleibt sie aber gerne länger. Ganz wichtig sind kurz gesteckte Ziele und regelmässiges direktes Feedback durch die Vorgesetzten. 

Viele KMU und Familienunternehmen unterschätzen die Wichtigkeit von HR-Funktionen. Genügend personelle Ressourcen im HR aufzubauen und die Kulturarbeit im HR-Prozess zu integrieren, ist ein Muss. Ein weiterer Tipp: Holt Mitarbeitende unterschiedlicher Generationen an einen Tisch. Fragt nach: Weshalb arbeitet ihr hier? Was macht uns als Unternehmen aus? Was würdet ihr anders machen? Das kostet nicht mehr als Zeit. 

Grosses Optimierungspotenzial liegt im Bereich der Stellenausschreibungen. Mein Rat: Verzichtet auf klassische, teure Jobinserate auf Plattformen oder in Printmedien – vor allem, wenn nur ein beschränktes Budget vorhanden ist – und fokussiert auf kostengünstigere online Kampagnen und Videocontent. Kurze Videos mit dem Smartphone zu erstellen, ist heutzutage keine Hexerei mehr. Mein Tipp ist, Lernende oder junge Mitarbeitende in diese Projekte einzubinden. Fragt sie direkt: Wie würdet ihr diese Stelle euren Freunden schmackhaft machen? Kurze Videos mit Einblicken ins Büro, ins Team, ein Statement der Vorgesetzten – das ist bereits ein guter Anfang. Die jungen Content-Ersteller können die entsprechenden Videos dann direkt in ihrem Umfeld streuen. LinkedIn bietet zudem die Gelegenheit, sich rasch mit Firmen und anderen Führungspersonen zu vernetzen. Nutzt diese Möglichkeit. 

Was müssen Unternehmen beachten, um Arbeitskräfte der Gen Z nicht nur einzustellen, sondern auch halten zu können?

Eine gewisse Grundfluktuation lässt sich nicht verhindern. Ich empfehle einen regelmässigen Austausch über Karriereziele und Entwicklungspläne. Unternehmen sollten Mentoring-Programme einführen und den jungen Talenten die Chance geben, Verantwortung zu übernehmen und an sinnvollen Projekten zu arbeiten. In einem flexiblen Unternehmen sind beispielsweise Themenführerschaften möglich: Nicht die Vorgesetzten entscheiden, sondern eine junge Person hat bei einem bestimmten Thema die Entscheidungskompetenz, da sie darin sattelfester ist. Ein dynamisches Arbeitsumfeld lässt dies zu. Die Einbindung von neuen, digitalen Technologien ist ebenfalls entscheidend. Wichtig ist zudem, gesellschaftsrelevante Themen in die Unternehmenskultur einzubringen: Nachhaltigkeit, Klimawandel, Gleichberechtigung, mentale Gesundheit und so weiter. Bestimmte Themen sollen sich nicht nur auf die Flagge geschrieben werden, sondern auch diskutiert werden: Wer versteht was unter Flexibilität? Was bedeutet Selbstverwirklichung für euch? Oftmals wird klar, dass die Forderungen der Gen Z nicht nur sie selber betreffen, sondern von vielen Mitarbeitenden gewünscht werden. 

Welche Elemente prägen eine ideale Arbeitsumgebung aus Sicht der Gen Z? Muss es immer ein topmodernes Büro sein?

Die Arbeitsumgebung sollte inspirierend sein und Flexibilität erlauben. Die meisten Büros sind zu langweilig und machen zu wenig Spass. Ein kreatives Umfeld mit mobilen Arbeitsbereichen und ausreichend Raum für Zusammenarbeit ist entscheidend. Die Gen Z will nicht ins Büro kommen, um acht Stunden lang etwas abzuarbeiten. Aber wenn genügend Kreativfläche zum gemeinsamen Denken und Arbeiten vorhanden ist, sieht das Ganze schon anders aus. Das Büro sollte den Mitarbeitenden Freude bereiten und zur Unternehmenskultur passen. 

Funktioniert euer Ansatz auch für Handwerksbetriebe? 

Auch Handwerksbetriebe haben ein Büro, sie halten Meetings ab, und morgens wird zuerst gemeinsam ein Kaffee im Magazin getrunken. Es herrscht ein bestimmter Umgang miteinander, in dem Raum für eine offene Feedbackkultur vorhanden sein sollte. So können Führungskräfte herausfinden, wie es um die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden steht. Auch in diesen Unternehmen gibt es Prozesse, die analoger oder digitaler vonstattengehen können. Eine Optimierung wirkt sich nicht nur auf die Zufriedenheit der Mitarbeitenden aus, sondern auch auf diejenige der Kunden. Zudem können auch Handwerksbetriebe durch eine angenehme Arbeitsumgebung punkten. Mein Tipp: Berücksichtigt alles, was zum Auftritt dazugehört – sei dies im Büro, bei den Werkzeugen oder den Firmenfahrzeugen.

Welche Fallstricke sollten vermieden werden?

Falsch ist sicher, lange Zeit an einem Konzept zu arbeiten und Meetings abzuhalten, ohne konkret zu werden. Das heisst: zu weit weg von der Thematik sein und nur das grosse Projekt zu betrachten, anstatt «step by step» vorzugehen. Wenn dazu die jungen Leute am Tisch fehlen, wird es noch schwieriger. Wer Social Media gegenüber zu negativ eingestellt ist, wird es ebenfalls nicht leicht haben. Ein weiterer Fallstrick ist, «pseudo-jung» aufzutreten. Das Wichtigste ist, stets authentisch zu bleiben. 
 

 

Zur Person

Yannick Blättler ist Mitgründer und Geschäftsführer der Neoviso AG, einer Agentur, die sich auf die Bedürfnisse der Generation Z spezialisiert hat. Von Marktforschung in der Zielgruppe, über die Entwicklung strategischer Konzepte bis hin zur Produktion ansprechender Inhalte unterstützt Neoviso Unternehmen, massgeschneiderte Lösungen zu entwickeln und damit den Graben zwischen den Generationen zu schliessen.

Sarah Bieri | © Wirtschaftsförderung Luzern

Sarah Bieri
Projektleiterin Marketing/Kommunikation

Telefon +41 41 367 44 09